Im August war ich ja in Venedig. Sich mit der venezianischen Geschichte vom Aufstieg zur europäischen Macht und dem Niedergang zum wohl größten europäischen Freilichtmuseum zu beschäftigen, war für mich ein Schlüsselerlebnis zum Verständnis der derzeitigen Turbulenzen auf den Börsenparketten der Finanzwelt.
Über Jahrhunderte hatte sich eine Oligarchie gegenseitig die Pöstchen und Pfründe zugeschoben, aufgrund der Entfesselung des aristokratischen Konsums (vor allem der französischen Könige) exorbitante Gewinne eingesackt und wie die Maden im fetten Speck gelebt. Bis das System durch eine Verschiebung der Märkte (internationaler Seehandel durch die Entdeckung Amerikas) in sich zusammenstürzte: Die Märkte waren woanders, die Gewinne weg.
Das wäre an sich nicht verwunderlich gewesen, wenn sich nicht der venezianische Adel durch ein ausgeklügeltes Gleichgewicht der Übereinkünfte in einem Netz der Verpflichtungen und Abhängigkeiten verstrickt hätte, aus dem er nicht herauskam. Außer natürlich, er hätte seine Pfründe geopfert…
Auch diesmal war es wohl die Aussicht auf einen schnellen Dollar („Was, nur 8% Rendite? — Unter 25% tu ich gar nichts!“), der durch keinen realen Produktivitätszuwachs abgesichert war. Alles nur geklaut und gepumpt. Wie Venedig.
Und die Motive sind in beiden Fällen gleich:
- Gier
- Gier
- Und nochmals Gier
Den Schnitt haben am Ende andere gemacht. Und das Volk hat bezahlt.