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leben, technik und kommunikation

A bauble—a naught.

05.01.202014.02.2020

Über die Hybris der indus­tria­li­sier­ten Zivi­li­sa­ti­on

Ger­ne hät­te ich als Tech­ni­k­re­dak­teur etwas geschrie­ben, was mei­ne Hoff­nung in die unvor­stell­ba­ren Fähig­kei­ten des Men­schen unter­streicht, sich auch in den aus­weg­lo­ses­ten Situa­tio­nen etwas ein­fal­len zu las­sen, das ihm hilft, sich gegen alle Wid­rig­kei­ten durch­zu­set­zen.1 Das kann er – als Mensch. Bedeu­tend schwie­ri­ger dage­gen ist es, sich als Gesell­schaft anzu­pas­sen, weil ihm dabei das „sozia­le Dilem­ma“ in die Que­re kommt: Wie­viel Eigen­nutz kann man zurück­neh­men, damit das Gemein­wohl nicht lei­det?

Gera­de uns Deut­sche hat man ja in der Geschich­te schon häu­fi­ger mit einem vor­geb­li­chen „Gemein­wohl“ in Krie­ge geschickt, die eigent­lich nur dem Eigen­nutz einer klei­nen gesell­schaft­li­chen Grup­pe dien­ten.

Ange­sichts einer dro­hen­den Umwelt­ka­ta­stro­phe, die durch uns in den indus­tria­li­sier­ten Län­dern her­auf­be­schwo­ren wird, stellt sich die Fra­ge nach dem Eigen­nutz umso stär­ker: Ist es wirk­lich wich­ti­ger, dass der Ben­zin­preis nied­rig ist, wenn dafür unse­re eige­nen Kin­der zusam­men mit Mil­lio­nen ande­rer Men­schen dar­un­ter lei­den wer­den? Ist es nicht auch in unse­rem per­sön­li­chen Inter­es­se, wenn eine Zivi­li­sa­ti­on den immensen Her­aus­for­de­run­gen stand­hält, die auf sie zukom­men? Wenn wir auch mor­gen fried­lich in unse­ren Bet­ten schla­fen kön­nen – ohne Furcht vor gewalt­tä­ti­gen Ver­tei­lungs­kämp­fen um Was­ser und Nah­rung?

Aber wie kam es dazu, dass wir nun vor der Deka­den­auf­ga­be (und mehr Zeit haben wir nicht) ste­hen, unse­re Zivi­li­sa­ti­on so zukunfts­fest zu gestal­ten, dass wir nicht in Cha­os und Anar­chie ver­sin­ken, wie bis­her alle Zivi­li­sa­tio­nen vor uns? Wie konn­ten wir uns in die­se Lage brin­gen, die dem Eigen­nutz so viel mehr Gewicht bei­misst als dem Gemein­wohl? Die den per­sön­li­chen Kon­sum und das natio­na­le Wirt­schafts­wachs­tum als wich­tigs­ten Wohl­stands­fak­tor dar­stellt?

Ich hat­te vor Jah­ren schon ange­deu­tet, dass ich eigent­lich recht froh dar­über bin, dass unse­re Vor­fah­ren in die­ser Regi­on der Welt vor 200 Jah­ren das Mit­tel­al­ter ver­lie­ßen und die Neu­zeit began­nen (sie­he Acht Gene­ra­tio­nen), aber wir sind dabei ver­mut­lich zu weit gegan­gen.2

Wir haben uns ein­ge­bil­det, dass wir mit unse­rem Geld und unse­rer Indus­trie in der Lage sein wer­den, den Ele­men­ten dau­er­haft zu trot­zen und die Erde zu beherr­schen. Wir haben gedacht, dass sich Mensch und Natur dau­er­haft den Geset­zen der Markt­wirt­schaft beu­gen müs­sen, wenn wir nur genug pro­du­zie­ren.

Welch eine Hybris!

Mir geht dabei seit Jah­ren eine Bal­la­de von Theo­dor Fon­ta­ne (1819 – 1898) nicht aus dem Kopf, der die Hybris des Men­schen anpran­gert, sich die Welt zu unter­wer­fen, und dann doch kläg­lich schei­tert und unsäg­li­ches Leid her­auf­be­schwört: „Die Brück‘ am Tay“ (1879)

Die Brück‘ am Tay

When shall we three meet again?
Mac­beth

„Wann tref­fen wir drei wie­der zusamm‘?“
„Um die sie­ben­te Stund‘, am Brü­cken­damm.“
„Am Mit­tel­pfei­ler.“
„Ich lösch die Flamm‘.“
„Ich mit.“
„Ich kom­me vom Nor­den her.“
„Und ich vom Süden.“
„Und ich vom Meer.“

„Hei, das gibt ein Rin­gel­reihn,
und die Brü­cke muß in den Grund hin­ein.“
„Und der Zug, der in die Brü­cke tritt
um die sie­ben­te Stund‘?“
„Ei, der muß mit.“
„Muß mit.“
„Tand, Tand
ist das Gebil­de von Men­schen­hand.“

Auf der Nor­der­sei­te, das Brü­cken­haus -
alle Fens­ter sehen nach Süden aus,
und die Brück­ners­leut‘, ohne Rast und Ruh
und in Ban­gen sehen nach Süden zu,
sehen und war­ten, ob nicht ein Licht
übers Was­ser hin „ich kom­me“ spricht,
„ich kom­me, trotz Nacht und Stur­mes­flug,
ich, der Edin­bur­ger Zug.“

Und der Brück­ner jetzt: „Ich seh einen Schein
am andern Ufer. Das muß er sein.
Nun, Mut­ter, weg mit dem ban­gen Traum,
unser Johnie kommt und will sei­nen Baum,
und was noch am Bau­me von Lich­tern ist,
zünd alles an wie zum hei­li­gen Christ,
der will heu­er zwei­mal mit uns sein, -
und in elf Minu­ten ist er her­ein.“

Und es war der Zug. Am Süd­er­turm
keucht er vor­bei jetzt gegen den Sturm,
und Johnie spricht: „Die Brü­cke noch!
Aber was tut es, wir zwin­gen es doch.
Ein fes­ter Kes­sel, ein dop­pel­ter Dampf,
die blei­ben Sie­ger in sol­chem Kampf,
und wie’s auch rast und ringt und rennt,
wir krie­gen es unter: das Ele­ment.

Und unser Stolz ist uns­re Brück‘;
ich lache, denk ich an frü­her zurück,
an all den Jam­mer und all die Not
mit dem elend alten Schif­fer­boot;
wie man­che lie­be Christ­fest­nacht
hab ich im Fähr­haus zuge­bracht
und sah uns­rer Fens­ter lich­ten Schein
und zähl­te und konn­te nicht drü­ben sein.“

Auf der Nor­der­sei­te, das Brü­cken­haus -
alle Fens­ter sehen nach Süden aus,
und die Brück­ners­leut‘ ohne Rast und Ruh
und in Ban­gen sehen nach Süden zu;
denn wüten­der wur­de der Win­de Spiel,
und jetzt, als ob Feu­er vom Him­mel fiel,
erglüht es in nie­der­schie­ßen­der Pracht
überm Was­ser unten… Und wie­der ist Nacht.

„Wann tref­fen wir drei wie­der zusamm‘?“
„Um Mit­ter­nacht, am Ber­geskamm.“
„Auf dem hohen Moor, am Erlen­stamm.“
„Ich kom­me.“
„Ich mit.“
„Ich nenn euch die Zahl.“
„Und ich die Namen.“
„Und ich die Qual.“
„Hei!
Wie Split­ter brach das Gebälk ent­zwei.“

„Tand, Tand
ist das Gebil­de von Men­schen­hand“

The Bridge by the Tay

(When shall we three meet again?—MACBETH)

“WHEN shall we three meet again?”
“The dam of the bridge at seven attain!”
“By the pier in the midd­le. I’ll put out amain
the fla­mes.” 
“I too.”
 “I’ll come from the north.”
“And I from the south.”
“From the sea I’ll soar forth.”

“Ha, that will be a mer­ry-go-round!
The bridge must sink into the ground.”
“And with the train what shall we do
That cros­ses the bridge at seven?”
“That too.”
“That must go too!”
“A bau­ble, a naught,
What the hand of man hath wrought!” 

The bridgekeeper’s house that stands in the north—
All win­dows to the south look forth,
And the inma­tes the­re wit­hout peace or rest
Are gazing sou­thward with anxious zest.
They gaze and wait a light to spy
That over the water “I’m coming!” should cry,
“I’m coming — night and storm are vain—
I, from Edin­burg the train!”

And the bridge­kee­per says: “I see a gleam
On the other shore. That’s it, I deem.
Now, mother, away with bad dreams, for, see,
Our John­nie is coming! — He’ll want his tree.
And what is left of cand­les, light
As if it were on Christ­mas night!
Twice we shall have our Christ­mas cheer—
In ele­ven minu­tes he must be here.”

It is the train, with the gale it vies
And pan­ting by the south tower flies.
“There’s the bridge still,” says John­nie. “But that’s all right:
We’ll make it sure­ly out of spi­te!
A solid boi­ler and dou­ble steam
Should win in such a fight, ’twould seem!
Let it rave and rage and run at its bent—
We’ll put it down: this ele­ment!

And our bridge is our pri­de. I must laugh always
When I think back of the olden days,
And all the trou­ble and mise­ry
That with the old boat used to be.
And many cheerful Christ­mas nights
I spent at the ferryman’s house — the lights
From our win­dows I’d watch and count them o’er,
And could not reach the other shore.”

The bridgekeeper’s house that stands in the north—
All win­dows to the south look forth,
And the inma­tes the­re wit­hout peace or rest
Are gazing sou­thward with anxious zest:
More furious grew the wind’s wild games,
And now, as if the sky pou­red fla­mes,
Comes shoo­ting down a radi­ance bright
O’er the water below. — Then all is night. 

“When shall we three meet again?”
“At mid­night the top of the moun­tain attain!”
“By the alder-stem on the high moor­land plain!”
“I’ll come.”
“And I too.”
“And the num­ber I’ll tell.”
“And I the names.”
“I the tor­tu­re right well.”
“Whoo!
Like splin­ters the wood­work cra­s­hed in two.”

“A bau­ble — a naught.
What the hand of man hath wrought!”


Bild­nach­weis: https://i.kinja-img.com/gawker-media/image/upload/t_original/k3hkfkfdxavgv4i4hbsj.jpg


  1. Man bekommt eine Vor­stel­lung davon, wenn man bedenkt, dass ein genia­ler Kom­po­nist wie Beet­ho­ven die meis­ten sei­ner Sym­pho­nien gar nicht hören konn­te – er hat sie taub kom­po­niert, sie aus­schließ­lich in sei­nem Kopf gehört. ↩

  2. Inter­es­san­ter­wei­se lässt sich hier ein Zyklus aus­ma­chen, der etwa alle 200 Jah­re zahl­rei­che Gesell­schaf­ten kom­plett umkrem­pelt. An die­ser Kan­te ste­hen wir jetzt auch wie­der. ↩

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