Warum schreien Sie hier so rum? 08.09.2006 Selbst simpelste Textverarbeitungsprogramme bieten dem Benutzer heutzutage schier unendliche Möglichkeiten, seinen Text zu formatieren. Sofern man sich natürlich mit Formatierung auskennt – technisch gesehen –, und nicht alles per Hand formatiert. Das Ergebnis einer sauber eingesetzten Formatierung ist hohe Effizienz bei der Textverarbeitung. Schnell und sicher sehen alle Überschriften einer Kategorie identisch aus, Änderungen sind kein Problem mehr (oder nur eines der Software) und Nummerierungsprobleme gehören der Vergangenheit an (nun, ja fast, unser Veteran Word macht im letzten Fall eine unrühmliche Ausnahme). Allein: technisch umsetzbar ist vieles, typografisch und lesetechnisch sinnvoll ist etwas Anderes. Mangels Mut wird zwar meist auf das Mischen von Schriftstilen verzichtet und auf die bewährte Arial oder die Times zurück gegriffen (Arial ist ja so etwas wie der Kuhfladen der Typografie: jeder tritt mal rein…). Schon allein deswegen, weil sie einfach »da« sind, wenn man ein neues Dokument anlegt. Aber dann passiert das Unvermeidbare: Es müssen Überschriften angelegt werden, drei Ebenen mindestens. Gut, meist kann man sich mit verschachtelter Nummerierung behelfen – je länger die Zahl, desto tiefer verschachtelt. Da man aber spätestens ab der dritten Ebene nicht nur als Leser, sondern auch als Autor die Übersicht verliert, müssen die Überschriften selbst neben der üblichen »Fett«-Formatierung weitere Auszeichnungen erhalten. Da nimmt man die Punktgrößen ins Visier: Fließtext ist 12 Punkt (schon fast zu groß, aber die Times trägt zum Glück nicht auf), »Überschrift 1« bekommt 24 Punkt, »Überschrift 2« bekommt 18 Punkt und »Überschrift 3« 14 Punkt zugeteilt. (Schauen Sie ruhig mal nach, viele Dokumente nehmen das als Standardeinstellung.) Glücklicherweise vergrößern sich automatisch mit den Schriftgrößen auch die Zeilenabstände. Meist bemerkt man das nicht. Nun kann es aber passieren, dass auch diese Formatierung nicht ausreicht: sei es, weil eine Überschrift der vierten Ebene dazu kommt, oder weil sich die Wichtigkeit der Überschrift einfach nicht so recht visualisieren lässt. Fetter als fett geht nicht, also geht es auf die Versalien los: ALLES IN GROSSBUCHSTABEN. Grässlich. Stört Sie das nicht auch bei einer E‑Mail, wenn jemand in Versalien schreibt, unechten meist dazu? Das ist ja so, als ob Sie ständig jemand anschreit. Für echte Versalien benötigt man OpenType oder Sonderschnitte, daher schummeln die Programme etwas und machen den ersten Buchstaben eines Wortes um etwa 20% größer als die Übrigen. Da graut es dem Typographen. Schlimmer aber finde ich diesen anmaßenden Auftritt einer Überschrift, wenn sie in Großbuchstaben daherkommt. Verstehen Sie mich nicht falsch, Versalien sind typografisch eine feine Sache, bei Warnhinweisen etwa erfüllen sie genau ihren Zweck: sie springen direkt auf die Netzhaut, man kann sie nicht überlesen und soll es auch nicht. GEFAHR, WARNUNG, VORSICHT. Da schaut keiner weg. Aber bitte nicht inflationär in den Überschriften. Erstens kann man Versalien nicht so flüssig lesen (sie erschweren die Saccaden, die Erfassung des Textes in Sinneinheiten) – was ja bei Sicherheitshinweisen auch sinnvoll ist, bei Überschriften nicht). Zweitens wirken sie wichtigtuerisch und rücken die Erfassung des umliegenden, also auch davor liegenden Textes in den Hintergrund. Und warum überhaupt? Es gibt weitere Möglichkeiten, Inhalt zu gliedern, damit er erfassbarer wird. Ganz simpel: Farbe und Raum. Anfangs erfordert dies einen gewissen inneren Abstand zum Inhalt, da neben der Entscheidung für eine Schrift und die Größen der Überschriftklassen auch ein paar Überlegungen zum Farbkonzept gehören. Die Überschrift soll ja nicht die Sicherheitshinweise überstrahlen. Grau (z.B. 60% schwarz) ist da ein guter Anfang. Dann die Farbe des Firmensignets oder ‑logos. Dezent eingesetzt (sofern es kein Rotton ist), wirkt sie auch hervorhebend. Aber noch wichtiger ist der Raum. Die Erfassung des Inhalts, ja sogar Text an sich ist nichts wert ohne den Weißraum drumherum. Ein »I« ist nur dadurch kein Strich »|«, weil der Weißraum anders verteilt ist. Die Überschrift fällt nicht deswegen als Überschrift auf, weil wir sie besonders groß und fett machen, sondern weil sie einen größeren Abstand zum umliegenden (vor allem davor liegenden) Text hat. Probieren Sie es aus: Schreiben sie zehn Zeilen, dann zwei Leerzeilen, dann eine einzige Zeile, dann eine Leerzeile und wieder zehn Zeilen Text. Was immer Sie schreiben, jeder Leser geht davon aus, dass die einzelne Zeile in der Mitte eine Überschrift ist. Auch ohne Auszeichnung. Nun formatiert man natürlich nicht mit Leerzeilen, aber die Idee dahinter ist die gleiche: Geben sie dem Text Raum zum Leben, formatieren Sie weniger mit Schriftschnitten und ‑größen, sondern probieren Sie mit Abständen, mit Raum. Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailBlueskyMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … dokumentation Typografie
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