iPad Pro: Für Laptops wird es eng 13.08.201701.12.2018 Eigentlich schreibe ich nicht über Hardware. Erstens bin ich dazu nicht ausreichend qualifiziert, und zweitens ist das an dieser Stelle auch nicht der richtige Platz. Hier geht es normalerweise um Werkzeuge im Umfeld der Technischen Dokumentation. Andererseits: Vielleicht gerade deshalb. Alltag Genehmigen wir uns einen Ausflug in die Arbeitswelt. Ein Blick auf den Schreibtisch des Technischen Redakteurs offenbart Bewährtes: Da steht ein Telefon (bei Selbstständigen auch gerne ein Smartphone), ein Computer mit Bildschirm und Tastatur und Maus, eine Kaffeetasse (oder Tee), ein Drucker ist in erreichbarer Nähe und eine Menge Papier und Stifte liegen herum. Manchmal lungert noch einer dieser ominösen abschließbaren Rollcontainer unter dem Tisch, dessen Existenz sich ab und zu vor allem im Sommer schmerzhaft bemerkbar macht, wenn die Füße nicht in dicken Schuhen stecken.1 Auf dem Tisch sammeln sich in den Ecken die Krümel zwischendurch verzehrter Kekse und ein dicker Stapel von Ablagefächern füllt sich auf geheimnisvolle Art immer wieder neu – Sie wissen, was ich meine. Früher Nun ist es aber so, dass bis zur letzten Jahrtausendwende der Arbeitsplatz des Technischen Redakteurs mit der Tätigkeit einer Spinne vergleichbar war: wie eine Spinne im Netz wartete der Redakteur darauf, dass die Informationen zu ihm geflogen kamen und dann kraft der Einzigartigkeit und Unbeliebtheit seiner Arbeit alles auf seinem Tisch landete. Jede Produktinformationen von „A“ wie „Arbeitsblatt“ bis „Z“ wie „Zahnradschmierung“ musste über seinen Schreibtisch und damit durch den Ablagestapel und die Tastatur in den Computer unter dem Tisch. In diesem wurden die Informationen verarbeitet, per Datenträger oder Kabel an die anderen Abteilungen und den Drucker weitergeleitet und danach die Rückmeldungen wieder ein diesen Kreislauf aus stationärem Rechner und Papierausgabe eingespeist. Damit keine Missverständnisse aufkommen: das ist immer noch weit verbreitet. Vor allem in kleinen Unternehmen, die auch technologisch damit kämpfen, in diesem Jahrtausend anzukommen. Denn die Prozesse, wie sie oben beschrieben sind, gelten ja nicht nur für die Technische Redaktion, sondern für alle Informationsläufe in der Organisation2. Allen gemeinsam ist eine gewisse Resilienz gegenüber Anpassungsprozessen, selbst wenn diese langfristig mehr Effizienz versprechen. Aber zurück zur Technischen Redaktion Die stationäre Arbeitsweise ist im Zuge der Globalisierung zunehmend unter Druck geraten: es wird auch vom Redakteur verlangt, dass er zu den Produkten geht und nicht die Produkte auf seinem Schreibtisch oder in der Halle um die Ecke stehen. Globalisierung bedeutet ja auch, dass ein Produkt nur noch teilweise lokal hergestellt wird. Zunehmend werden Komponenten von spezialisierten Herstellern weltweit gefertigt und direkt an den Ort geliefert, an denen das fertige Produkt in Betrieb genommen wird – im Anlagenbau ist das normal, es gilt aber auch für relativ überschaubare Produkte wie Kamerasysteme oder Sensoren. Vom Technischen Redakteur wird zunehmend verlangt, dass er das vollständige Produkt dokumentiert und nicht von allen Komponenten, die nicht auf seinen Tisch passen oder in der Halle um die Ecke stehen, einfach eine Bauteilzeichnung oder eine Produktspezifikation an die Dokumentation „anpappt“. Nur beilegen genügt nämlich nicht. Mit anderen Worten: Wenn der Berg nicht zu Moses kommt, muss Moses zum Berg. Der Technische Redakteur ist zunehmend gefragt, mobil zu werden. Er fährt für die Recherche und Kundentermine, für Besprechungen und auch zur Abklärung von Sachfragen zum Produkt, weil sich mancher Sachverhalt eben nur durch persönlichen Kontakt oder Umgang mit dem Produkt verstehen lassen.3 Nun kann man zu einem Termin fahren, sich dort alle Daten zeigen lassen, Stichpunkte auf einem Block notieren und dann am nächsten Tag versuchen, aus dem schlau zu werden, was man sich aufgeschrieben hatte (falls man überhaupt Notizen gemacht hat) – nur um festzustellen, dass man die Hälfte vergessen hatte zu fragen oder sich Folgeprobleme ergeben, die schneller aufgefallen wären, hätte man sich besser vorbereitet oder zwischendurch nachgefragt. Technik Eigentlich würde ein Schreibblock genügen. Eigentlich. Dann aber kann man beispielsweise auf der Rückfahrt von der Besprechung oder der Recherche die Inhalte, die jetzt noch frisch im Gedächtnis sind, nicht anhand der Notizen aufbereiten. Außerdem kann man nicht kontrollieren, ob die in Aussicht gestellten Termine und Zusagen so überhaupt umsetzbar sind – und man kann auch keine Aufwandsabschätzung treiben, die sich kommunizieren ließe. Denn Terminkalender, Kontaktdaten, Fotos und Notizen befinden sich auf sehr unterschiedlichen Medien. Wer einen Notizblock hat, benötigt also noch wie früher zumindest ein Telefon mit Adressbuch und Kalender. Die Bilder sind in der Kamera – aber vor allem die Notizen und die Skizzen liegen trotzdem immer noch auf Papier herum. Um Abhilfe zu schaffen, kann man zumindest die Notizen per Kamera des Smartphones fotografieren und in einem digitalen Notizbuch ablegen. Oft helfen diese digitalen Notizbücher auch dabei, zusätzlich Notizen zu den Bildern hinzuzufügen (siehe auch Das Evernote-Scannable-Team: Davon träumen Smartphones). Allerdings befinden sie sich auf einem Smartphone, das zwar extrem tragbar und mobil ist, allerdings hinsichtlich der Leistungsfähigkeit zu wünschen übrig lässt:4 Der Bildschirm eines Smartphones ist trotz der fast schon unhandlichen Größe eigentlich immer noch zu klein, um darauf zu schreiben. Viele Redakteure greifen daher zu einem Laptop, bei dem man zwar in Hinblick auf reine Rechenpower im Vergleich zum stationären Rechner Abstriche machen muss, die aber zumindest tragbar sind und damit eigentlich fast schon in die Kategorie der Mobilgeräte fallen, auch wenn sie nicht deren Vielseitigkeit im Hinblick auf Ausstattung (Bewegungssensor, GPS etc. besitzen. Abgesehen davon, dass Redakteure die schiere Rechenpower der stationären Rechner (PCs) so gut wie nie ausreizen, kommen jene fast nur noch deshalb zum Einsatz, weil sie so billig sind. Und deswegen stehen sie in den Redaktionsstuben auch noch herum: die Arbeitswelt verlangt zwar zunehmend nach Mobilität, der günstige Preis zwingt den Redakteur aber dazu, weiterhin ineffizient zu arbeiten, weil er sein Arbeitsgerät nicht mitnehmen kann. Es ist ein Dilemma: spart man das Geld für ein besseres Werkzeug, kostet die mangelnde Effizienz Geld.5 Ausweg Es ist daher nur allzu verständlich, wenn Redakteure versuchen, sich zumindest Linderung zu verschaffen, indem sie auf Laptops ausweichen. Auch diese sind – wenn auch mit Einbußen bei der Rechenleistung – durchaus imstande, die täglich anfallenden Arbeiten wie Text- und Bildbearbeitung, Grafikerstellung und Dateiverwaltung zu erledigen. Darüberhinaus können alle Programme und Systeme, die für den stationären Rechner angeschafft wurden und für die Arbeit benötigt werden, ohne Anpassungen weiterhin verwendet werden. Wer statt eines stationären Rechners nur einen tragbaren benutzt, muss sich auch nicht mehr um die Synchronisation der Daten kümmern – allerdings zu einem höheren Preis. Mobilität der Information Die Mobilität hat des Redakteurs und seines Werkzeugs hat Konsequenzen, die sich in den letzten Jahren verstärkt bemerkbar macht: nicht nur Mensch und Maschine wollen mobil sein – die Information, um die es ja in erster Linie ging – will es auch. Laptops zeichnen sich nicht mehr durch eine Festplattenkapazität aus, mit der sie bei den PCs mithalten können, sondern durch ihre Fähigkeiten, sich schnell und sicher in Netzwerken zu bewegen. Die schiere Anzahl der Schnittstellen ist nicht mehr ein wichtiges Kriterium, sondern die Fähigkeit, auf Daten zugreifen zu können, die in verschiedenen Rechenzentren auf dem Globus verwaltet werden. Es ist fast schon normal, wenn der Redakteur sich über einen Server in Stuttgart einwählt auf ein System, das in Singapur gehostet wird, nur um Daten aus den USA für einen polnischen Schaltkreishersteller zu bearbeiten. Dieser Job ist nicht mehr an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden – im Gegenteil: bei Fragen oder Problemen muss der Redakteur in der Lage sein, den Administrator in Indien oder den Programmierer in Israel zu kontaktieren – über Zeitzonen hinweg. Dies funktioniert aber nicht mehr, indem man Informationen per Datenträger austauscht, sondern indem sie über ein (zugriffsgeregeltes) Netzwerk allen Benutzern zur Verfügung stehen. Das geht nicht ohne die Cloud. Wenn aber schon die Cloud dafür notwendig ist, müssen auch alle Geräte, die ebenfalls über die Cloud miteinander verbunden sind und Informationen austauschen (selbst wenn es nur simple Adressdaten sind) entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit darauf Zugriff haben. Vor dem Hintergrund, dass die Leistungsdaten sowohl technisch als auch in ihrer Vielseitigkeit bei den Mobilgeräten fast exponentiell zunehmen, ist es mittlerweile sogar ein Ausschlusskriterium für Software, wenn sie die Informationen nicht per Cloud anbieten kann. Tablets Eine Schlüsselstellung nehmen in dieser Hinsicht die Tablets ein: sie sind unhandlicher als Smartphones, aber besser geeignet als Laptops, die Vielzahl der Cloud-Services zu nutzen (oder haben Sie schon mal eine Grafik mit dem Laptop gescannt?). Sie sind fast so vielseitig wie Smartphones und mit Hilfe der Finger oder eines speziellen Stifts auch beinahe so bequem zu handhaben wie ein Schreibblock. Sie besitzen ansatzweise mittlerweile die Leistungsdaten eines Laptops (mit einem aktuellen Tablet stechen Sie jedes einfache Netbook locker aus6 und Tablets füllen mittlerweile eine Lücke, die durch die Verbreitung der Cloud-Services (beispielsweise Office 365, Evernote, Dropbox und auch die Adobe Cloud) entstanden ist: Es werden keine bis an die Zähne aufgerüsteten Laptops mehr benötigt, es werden Geräte benötigt, die eine bessere Usability für den Redakteur bieten als Smartphones. Diese Lücke wird durch die zunehmende Verwendung der Cloud-Services immer größer und drückt die Laptops an den Rand. Diese Erfahrung machen auch seit einigen Jahren zahlreiche PC-Hersteller, die sich über sinkende Verkaufszahlen wundern. Laptops werden zwar weiterhin eine Nische füllen, aber sie sind nicht mehr das alleinige Werkzeug der Wahl, wenn es um Informationsverarbeitung geht. Auf ihnen werden sicher noch in absehbarer Zeit Texte geschrieben und Grafiken erstellt werden. Aber die Musik spielt anderswo. Tablets sind die Zukunft in der Technischen Redaktion – sowohl beim Konsumenten als auch beim Redakteur. Ich habe auch in anderen Ländern noch nie Arbeitsplätze gesehen, die sich davon großartig unterscheiden. Der internationale zivilisatorische Fortschritt, auf den die Technische Redaktion angewiesen ist, äußert sich auch in dieser ubiquitären Ausstattung. ↩Es sind ja nicht nur Industrie-Unternehmen, die so arbeiten, sondern auch öffentliche Einrichtungen. Dort eher noch rückständiger – was vermutlich auch an der Schwerfälligkeit bürokratischer Prozesse liegt. ↩Versuchen Sie mal, den Aus- und Einbau eines Transportbands anhand des CAD-Modells zu verstehen und durchführbar zu beschreiben. ↩Unter Leistungsfähigkeit geht es nicht um die technischen Daten des Prozessors, denn da rücken die etwas teureren Mobilgeräte alle schon recht nahe an die Laptops heran. Leistungsfähigkeit ist hier im Hinblick auf Nutzbarkeit in den spezifischen Einsatzszenarien der Redaktion gemeint. ↩Dieses Problem haben allerdings meist nur die Redakteure, die über Anschaffungen mitbestimmen dürfen. Der Redakteur als ungeliebtes Kind hat in Unternehmen oft nur das, was andere Abteilungen nicht mehr haben wollen… ↩Netbooks – für diejenigen, die den Hype vor wenigen Jahren nicht mitbekommen hatten – sind jene Spar- und Schrumpfvarianten der Laptops, die kleine Finger, scharfe Augen und eine unterdurchschnittliche Anschlussfähigkeit mit billigsten Bauteilen zusammenzubringen versuchten – mit sehr mäßigem Erfolg. ↩Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailBlueskyMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … tools ArbeitsweltCloudComputerInternetTechnik
Die Zukunft der Technischen Dokumentation 02.02.201018.09.2017 Ich bin mir immer noch nicht schlüssig, ob und wenn ja welche Bedeutung das iPad… Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailBlueskyMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … Read More
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