Zu Fuß gehen 30.05.201913.07.2019 Ja, ich weiß: Bäume wachsen nicht in den Himmel und im Leben haben manche soviel Glück, dass sie anderen davon auch etwas abgeben könnten – wenn es denn ginge. Die aktuelle Debatte in der Gesellschaft über die Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft ist wichtig, sie muss geführt werden. Viel zu lange haben wir uns in Deutschland die Gehirne mit Konsum zugedröhnt, haben verdrängt, dass Veränderungen und Umbrüche zum Leben auf diesem Planeten gehören. Wir haben es versäumt, darauf zu achten, dass Veränderungen auch Menschen betreffen, die weniger Möglichkeiten haben, darauf zu reagieren wie wir „Bildungsbürger“ und Wohlstandsnutzer, also jenes Drittel in der Gesellschaft, das es besser hat als die anderen zwei Drittel. Dieses Drittel, mein Drittel, hat Veränderungen gewollt und herbeigesehnt. Wir sind in die urbanen Zentren gezogen, haben auf die rückständigen Verwandten und ehemaligen Mitschüler herabgeschaut, die es nicht geschafft haben, der dörflichen Enge (aus unsere Sicht) zu entfliehen – sondern sich darin sogar noch wohlfühlen und mit „Geborgenheit“ und „Sicherheit“, „Verlässlichkeit“ sogar schätzen. Die keine Schwierigkeiten damit haben, 40 Jahre lang den gleichen Job mit den gleichen Kollegen zu machen, im gleichen Supermarkt einzukaufen und die Filme immer noch gut finden, mit denen sie damals ihre Pubertät bewältigt haben. Spießer eben. Wir aber waren nie zufrieden mit dem Erreichten. Wir wollten mehr erfahren, mehr reisen, mehr sehen. Wir wollten raus. Und mit viel persönlichem Einsatz und noch mehr Glück sind wir nun da angekommen, wo wir in der Lage sind, unser eigenes Leben in die Hand zu nehmen und von anderen erwarten, dass sie es auch tun. Wir stehen sicher, kennen die Welt und das Leben, uns wirft nichts so schnell um. Wir machen uns keine Sorgen um unsere eigene Zukunft, wir können unseren Kindern alles bieten, was sie zum Leben brauchen: Selbstvertrauen, Zuversicht und Resilienz. Wir sind das, was im Mittelalter der Adel und das Bürgertum waren, materielle Sorgen sind uns fern. Aber wir leben nicht alleine auf diesem Planeten. Was aber ist mit dem Rest der Gesellschaft? Nicht nur hier, sondern weltweit? Sie werden unseren Wohlstand nicht mehr erreichen, das ahnen wir. Wir haben unseren Planeten geplündert – und der Rest schaut zu, ohnmächtig. Können wir denen helfen, auch über diese schier unendliche Vielfalt an Optionen und Lebensentwürfen zu verfügen? Natürlich nicht. Der Ressourcenverbrauch, den wir getrieben haben in den letzten Jahrzehnten, ist nicht aufrechtzuerhalten – weder für uns und erst recht nicht für andere. Das wissen wir. Und begehen fast gleichzeitig den Kardinalfehler aller reichen Zivilisationen: wir schließen die Tore in menschenverachtender Weise. Wir lassen Mitmenschen zu Tausenden ertrinken und verhungern, weil sie nicht unser Glück hatten, zufällig in den letzten Jahrzehnten des zweiten Jahrtausends in Europa, in Nordamerika oder in manchen Regionen Asiens geboren worden zu sein. Stattdessen beschleunigen wir noch das Tempo, wir erhöhen unseren Verbrauch und lassen noch mehr Menschen zurück in ihrer eigenen Hilflosigkeit und Ohnmacht, ihr Leben zu bewältigen. Denn das, was wir in den entvölkerten Regionen in Ostdeutschland sehen, ist nur ein winziger Ausschnitt dessen, was weltweit stattfindet: eine immer größer werdende Kluft zwischen denen, die in der Lage sind, jedes Tempo mitzumachen, weil sie die dafür erforderlichen materiellen und intellektuellen Ressourcen einsetzen können – und jenen, die nie über diese Ressourcen werden verfügen können und stattdessen immer weiter zurück fallen. Wir machen es uns zu einfach im Spitzenfeld, wenn wir die Schultern zucken und uns zynisch damit verteidigen, dass die Anderen eben „Pech“ gehabt hätten oder sich mehr hätten anstrengen sollen. Denn es stimmt nicht. Das Glück, das wir hatten, lässt sich nicht reproduzieren – und das darf es auch nicht, wenn wir alle eine gemeinsame Zukunft haben wollen. Das bedeutet aber dann auch, dass wir das Tempo rausnehmen müssen, verzichten müssen auf Vieles, von dem wir dachten, dass wir es uns „verdient“ hätten. Haben wir nämlich nicht. Wir haben es geliehen bekommen vom Schicksal und müssen es nun auch wieder zurück geben an alle, die es auch benötigen. Um es bildlich auszudrücken: Es können nicht alle ein Auto fahren, deswegen müssen wir aussteigen und zu Fuß gehen.Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailBlueskyMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … thinkware GesellschaftUmweltschutzWohlstandZukunft
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