Apple Mac mini: Der spät-agrarische Billigheimer 04.03.200506.03.2015 Endlich haben auch die Macintosh-Benutzer einen Grund zur Freude: Seit Anfang des Jahres 2005 verkauft ihre Hausmarke Apple endlich einen langgeforderten billigen – oder sagen wir besser: günstigen – Mac. Der „Mac mini“ soll neue Marktsegmente erschließen und das lang- und sorgsam gehegte Vorurteil, der Mac sei zu teuer, endlich beenden. Warum eigentlich? Keine Panik, liebe Windows-User, ich schließe mich jetzt nicht den mittlerweile sehr zahlreichen Tests an und behaupte, der Mac mini sei so und so ausgestattet und käme für diese und jene Benutzergruppe in Frage. Das ist nicht mein Job (außerdem habe ich besagten Rechner nicht). Mir geht es um die Frage, welche Auswirkungen dies auf das Selbstverständnis eines typischen Mac-Besitzers haben kann und wie sich das möglicherweise von dem eines Windows-Benutzers unterscheiden könnte. Eine erste Reaktion auf die Ankündigung in einschlägigen Listen war sehr gemischt: Mac-Besitzer würden sich sowas nicht zulegen, das ist nur etwas für die Windows-Jungs, die immer behaupteten, der Mac sei zu teuer. Und natürlich etwas für diejenigen, die einen hochgerüsteten Rechner beim Discounter um die Ecke kaufen und es nicht einmal fertig bringen, mit ihm ins Internet zu kommen, weil sie zu dumm sind, die – zugegebenermaßen manchmal kryptischen – Konfigurationshilfen der Systemassistenten zu verstehen. Der Mac für Doofe also. So allerdings kann man das nicht stehen lassen, denn kein Computerbenutzer (und vor allem kein Mac-User) lässt sich gerne als „doof“ bezeichnen. Dann kam die zweite Reaktion: schick, aber nicht erweiterbar. Und die Grafikkarte sei zu lahm. Und die Festplatte sowieso, vor allem zum Spielen anspruchsvollerer Shooter (was immer das ist). Jetzt spaltet sich das Lager der Meinungsträger: für die einen zu schwach, für die anderen zu billig. Das Image der elitären Mac-Fanatiker ist schwer angekratzt. Glücklicherweise sprangen in der dritten Phase dienstbeflissene und berufsbedingt Reduzierer ein, die in zahlreichen Tests nachwiesen, dass es tatsächlich billigere Windows-Rechner gibt, die sich vor allem durch die Erweiterbarkeit stark vom Mac mini absetzen können. Aber natürlich nicht so schick sind; was, wie wir wissen, ein gewichtiges Kaufargument bei Macintosh-Besitzer ist, die ja von der Technik keine Ahnung haben, dafür aber mehr auf das Aussehen gehen. Damit erreicht die Widersprüchlichkeit ihren vorläufigen Höhepunkt: Für Mac-User in höheren Einkommensgruppen (und für solche, die Geld damit verdienen) ist er zu billig. Für die Mac-User, die nicht so viel verdienen, ist er nicht genügend erweiterbar und nicht ausreichend spieletauglich. Für Windows-Benutzer der unteren Einkommensgruppe ist er immer noch zu teuer. Einzig für Windows-Benutzer höherer Einkommensgruppen, die sich einen Computer zulegen wollen, der zu ihrer Einrichtung passt, ist er interessant. Damit wäre die Zielgruppe ausgemacht. Warum aber wird der Rechner dann durch die Testlabors geschleift und von Leuten beurteilt, die ihn nie verwenden sollen? Warum interessieren wir uns dafür, ob die „Keksdose“ gegen einen xyz-PC bestehen kann und bei welchen Spielen die Grafik schwächelt, wenn er doch gar nicht zum Spielen da ist? Warum vergleichen wir die Preise der einzelnen Hardwarekomponenten, ohne die Ausfallzeiten durch Viren und ähnliche Störenfriede zu berücksichtigen (von denen der Mac bislang gottlob verschont geblieben ist). Brauchen wir das, um uns für unsere Meinungsbildung auf „rationale“ Faktoren verlassen zu können? Warum ist es so schwierig, sich einfach auf die Intuition zu verlassen? Mit diesen Fragen streifen wir eine gesellschafts-psychologische Dimension: Ich kenne Leute, die klappern einen ganzen Vormittag lang alle Bekleidungsgeschäfte der Stadt ab, um am Ende mit zehn kostenlosen Kleiderbügeln nach Hause zu kommen. Wenn sie in dieser Zeit im Supermarkt Regale eingeräumt hätten, könnten sie sich hundert Kleiderbügel leisten. Anderes Beispiel: Im Kaufhaus steht ein Pärchen in der Schlange vor mir an der Kasse, die kaufen sich zweimal im Jahr den billigsten Staubsauger, den sie bekommen können, weil der Fusselquirl nach sechs Monaten kaputt ist. Meiner ist doppelt so teuer, hält jetzt aber schon zehnmal so lange. Es ist eine Art Billigheimer-Mentalität: wir sparen Geld, selbst wenn es am Ende teurer wird. Wir versuchen uns in einer „Geiz-ist geil“-Denkweise, ohne daran zu denken, dass wir eigentlich dadurch nur Geld ausgeben, ohne einen Wert zu bekommen. Da wir das aber spüren, verlangen wir nach unbestechlichen Institutionen, denen wir die eigene Entscheidungsfähigkeit überantworten können: dem technischen Datenblatt und den Rabattaktionen großer Anbieter, die damit viel Geld verdienen. So gesehen, haben wir uns seit den Anfängen der Industrialisierung nicht wesentlich weiterentwickelt. Nun aber zurück zum Mac mini: Der kleine Rechner ist sicher voll tauglich für alle alltäglichen Arbeiten (Office, Mail, Internet, etc.), das beweist schon die Tatsache, dass die meisten Computerbenutzer bequem mit Systemen und Software arbeiten, die mindestens sechs Jahre alt sind – für Computer geradezu biblisch. Den meisten Benutzern geht die Bequemlichkeit und Vertrautheit vor. Statt neue Features und WLAN für jeden Computer schätzen es die meisten Privatanwender, wenn eine Installation per Drag&Drop funktioniert oder der Drucker sich (fast) von alleine meldet, wenn ihnen nicht ständig eine kleine Bildschirmanimation dazwischenfunkt („Sie wollen einen Serienbrief erstellen?“ – „Nein, ich schreibe meinem Finanzamt!“ – „Da Sie einen Serienbrief erstellen wollen, müssen Sie jetzt im Menü Extras das Menü Besondere Extras wählen.“ – „???“ â?¦), oder die gerade gespeicherten Dokumente sich irgendwo auf der Festplatte verkrümelt haben und die Suchfunktion gerade nicht funktioniert, weil das System zur Zeit automatisch defragmentiert. Entscheidender als der Rechner ist der Kopf, der davor sitzt. Und wenn die Keksdose auch noch klaglos die CDs abspielt und archiviert, während man sich einen Trailer im Internet anschaut und jedes Dokument auf Knopfdruck als PDF speichert und verschickt, ist das genug Technik für die meisten Benutzer. Minimalismus bedeutet nicht billig, sondern Beschränkung aufs Wesentliche. Aber das ist eine Frage der Einstellung. Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … archiv glosse
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