Radreise am Yellowstone Nationalpark 2013: No Country for Old Cyclists 05.09.201301.03.2021 Am West Thumb des Yellowstone Lake treffen sich die Straßen: hier geht es nordwärts zu den Geysiren und ostwärts zum See. Für die meisten Besucher ist daher der Campingplatz die zentrale Anlaufstelle, wenn sie in den Park kommen, denn von hier aus lassen sich die Sehenswürdigkeiten des Nationalparks am leichtesten mit dem Auto bereisen. Wer hier übernachtet, möchte für eine ungemütliche Nacht den Duft des Wilden Westens riechen, möchte am Lagerfeuer Marshmallows grillen oder sich unter Bäumen in das nach Mottenkugeln riechende Gewebekonstrukt namens Zelt zur Ruhe betten. Hier ist Outdoor noch nicht Outback, aber auch nicht mehr Funpark. Kurz: Hier treffen sich Urlauber und Reisende, Wochenendausflügler und Zivilisationsflüchtlinge. Und es ist doch nur einen Katzensprung von allen Bequemlichkeiten entfernt. Wenn man mit dem Auto fährt. Nichts gegen das Autofahren – wir hätten es selbst ja beinahe tun müssen und waren drauf und dran, in wenigen Tagen ein solches zu benutzen – aber man kommt damit nicht in das Urlaubsgefühl hinein. Das Gefühl nämlich, das im Leben vieles wichtig ist, nur meist nicht das, was wir als notwendig erachten. Computer, Küchenmaschinen. Oder Termindruck. Uns geht es bei solchen Touren nach einer gewissen Zeit so, dass wir uns nicht mehr genau auf das Datum besinnen können: „Ist heute Donnerstag?“ – „Nein, der muss gestern gewesen sein.“ Gleichzeitig aber weiß man sich geborgen in einer nahen Welt voller Annehmlichkeiten („Wenn wir wieder zurück sind, dann brauche ich einen Espresso!“), die ja nur ein paar Tage Anstrengung weg ist … Das Klima am Yellowstone Lake ist um einiges wärmer und freundlicher als auf dem Kraterrand, wo uns der Nachtfrost überrascht hatte. Trotzdem wärmte ich mich am nächsten Morgen in der Sonne auf und unterhielt mich mit anderen Reisenden, die auch früh aufstehen mussten, um als Busfahrer ihre Leute auf den Tagesausflug vorzubereiten. Heute würden wir nach Süden über den Kraterrand hinaus wieder zum Teton Nationalpark radeln, um dort noch einen Tag die Seele baumeln zu lassen. Wir wollten die Tour, die wir so stressig begonnen hatten, zumindest ruhig ausklingen lassen. Die Kinder waren müde und auch bei uns Erwachsenen war der Wunsch recht stark, nach all den Aufregungen ein eher besinnliches Ende anzustreben. Jenny Lake Nun ging es eigentlich fast wie von selbst. Die lange Strecke, die wir in den ersten Tagen hinauf geradelt waren, rollten die Räder fast ohne Zutun hinunter. Wo wir noch zwei Wochen zuvor stundenlang aufwärts tretend geschwitzt hatten, fuhren wir in 20 Minuten locker hinab. Vielleicht lag es auch daran, dass wir nun einfach besser an die Anstrengungen angepasst waren und unseren Tritt gefunden hatten (was gerade beim Streckenfahren sehr wichtig ist, um Kraft zu sparen) – wir rollten durch den Rockefeller Parkway in den Teton Nationalpark ohne dass wir uns groß anstrengen mussten. Die gleiche Straße, die wir schon auf dem Hinweg benutzt hatten, kam uns nun viel kürzer vor. Am Colter Bay Campground, einem ziemlich vergammelten Zeltplatz am Ufer des Jackson Lake, machten wir Rast für die Nacht. Zum Zeltplatz lässt sich nur wenig Positives sagen, denn er ist fast so verwahrlost wie der Zeltplatz in Jackson, nur dreckiger, aber dafür nicht so laut. Fazit: Meiden. Aber der nächste Tag brach an und wir hatten nur noch einen kurzen Trip hinüber zum Jenny Lake. Gerade wegen seiner Lage ist er wohl einer der schönsten Seen des Nationalparks und wird daher auch oft besucht. Glücklicherweise aber liegt er nicht sehr weit von Jackson weg, so dass es meist Tagesausflügler sind, die hier mit dem Auto herkommen und sich mit dem Boot einmal über den See an das Westufer unterhalb der Bergriesen fahren lassen, um dort schnaufend mit schlechtem Schuhwerk 50 Höhenmeter zu bewältigen und dann leere Getränkebehälter schleppend wieder zurück zu schippern. Es wird also Abends ruhig, sobald der Fährdienst den Betrieb einstellt. Das wussten wir noch vom letzten Mal vor 14 Jahren und hatten daher in aller Ruhe unsere Zelte auf dem Hikers & Bikers Areal aufgestellt (der Rest des relativ kleinen Zeltplatzes ist eigentlich dauernd belegt). Erst am späteren Nachmittag machten wir uns auf, um noch eine kleine Runde am Ufer entlang zu gehen. Die Wege sind hier sehr gut ausgeschildert und markiert, und sie werden gut gepflegt. Eine typische Route führt um den See herum und trifft dabei auf den Einstieg in die Bergwände am Westufer, wohin auch die Fähre tuckert. Wir hatten damals auch diese Route gewählt, da man von dort aus den Cascade Canyon hinauf am Fuß des Grand Teton relativ einfach gehen kann. Reiseradler können ja keine schweren Bergschuhe mitnehmen, daher verbieten sich anspruchsvollere Touren von alleine. Wir kühlten uns allerdings nur die Füße am Cascade Creek und spazierten zurück mit Vorfreude aufs Abendessen. Da blieb Corinna plötzlich stehen und deutete auf einen braunen Fleck neben dem Weg auf einem kleinen Hügel: ein Bär! Kein großer Grizzly, sondern ein Schwarzbärenjunges stöberte zwischen den Steinen. Wo aber ein kleiner Bär ist, kann der große nicht weit sein. Und tatsächlich: nur kurze Zeit später trollte sich auch die Bärin auf die Lichtung. Wir standen mit angehaltenem Atem starr auf dem Weg. Was, wenn sie uns misstraute oder gar verscheuchen wollte? Ganz leise zogen wir die Kinder heran. Schwarzbären Der amerikanische Schwarzbär („Baribal“) ist ein eher zierlicher Zeitgenosse, der auch bei weitem nicht so furchteinflößend und massig ist wie der Braunbär („Grizzly“), der uns in den Tetons vor 14 Jahren begegnet war. Im Gegenteil, da er höchstens einen Meter hoch ist, wirkt er schon fast niedlich und ein wenig täppisch. Das täuscht allerdings etwas, denn zwei Zentner kann er durchschnittlich auf die Waage bringen und auch ausgezeichnet klettern. Da er allerdings hauptsächlich von Früchten lebt, stehen bewegliche Ziele nicht auf der Tageskarte, so dass er nur angreift, wenn er keinen anderen Ausweg sieht. Vorbereitete Wanderer haben daher meist eine Schelle oder ein anderes Gerät bei sich, das besonders viel Krach macht, um rechtzeitig auf sich aufmerksam zu machen und dem Bären dadurch Gelegenheit zu geben, sich in die Büsche zu schlagen. Da ist er nämlich am liebsten. Aber die Bärin war an Menschen gewöhnt und hatte auch überhaupt kein Interesse, so kurz vor dem Winter noch Energie an diese ungenießbaren Kreischsäuger zu verschwenden. Außerdem sind Schwarzbären eher scheue Zeitgenossen und gehen Lärm gerne aus dem Weg. So verschwand sie denn auch nach kurzer Zeit wieder im Gebüsch, ihr Junges immer im Schlepptau. Für die Kinder war es mehr ein Erlebnis als für uns Erwachsene, die wir uns doch einen Moment gefürchtet hatten. Die Kinder waren glücklich, nach all den kleinen und großen Tieren nun auch einem echten Bären in freier Wildbahn begegnet zu sein. Das war natürlich ein krönender Abschluss des Tages, ach was: der Woche! - + - Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen …Pages: 1 2 Radreise unterwegs RadreiseUSAYellowstone
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