Radeln in Zwischendeutschland: Unterwegs am „Iron Curtain Trail“ 17.08.201809.08.2022 Man muss nicht weit fahren, um aus dem Alltag herauszukommen und Erstaunliches zu entdecken, manchmal genügt es schon, sich dem eigenen Land mit dem Rad und Zelt zu nähern. Ursprünglich wollten wir ja ganz weit weg, mit Rad und Zelt durch die Peloponnes die griechische Geschichte „erfahren“ oder gar in noch ferneren Ländern Flora und Fauna bestaunen – doch dann kam der heiße Sommer und die knappe Urlaubszeit. Statt also tagelang die An- und Abreise an Flughäfen zu verbringen, ergriffen wir die Gelegenheit zur Erkundung des eigenen Landes. Gleich vorweg Gegenden, die nie eines Reiseradlers Reifen gesehen hatten, gibt es nicht mehr sehr viele in Deutschland. Eine davon ist der „Iron Curtain Trail„1 entlang der geopolitischen Trennlinie zwischen Ost und West, von der Deutschland in besonderer Weise betroffen war. Hierzulande auch als „Zonengrenze“ bekannt, durchzieht dieser Streifen Land, der die DDR von der BRD (und damit auch die politischen Machtblöcke des zwanzigsten Jahrhunderts) trennte, wie ein Band die Republik von Nord nach Süd. Zwar gibt es keine Grenze mehr und auch keine zwei Staaten, aber der Streifen ist eine Art Niemandsland geblieben. Zumindest zivilisatorisch. Etwas euphemistisch wird dieser Bereich in deutschen Karten als „grünes Band“ bezeichnet2, da er geschichtlich bedingt natürlich nie industrialisiert wurde. Im Gegenteil, die DDR hatte sich mit dem über 700 km befestigten „anti-imperialistischen Schutzwall“ ihr wirtschaftliches Grab selbst geschaufelt, indem sie hinter dem Grenzzaun noch einen bis zu 5 km breiten „Sicherheitsstreifen“ einrichtete und ganze Dörfer schleifte, nur um dort alle erdenklichen Todesfallen und Schikanen einzurichten, die die eigene Bevölkerung an der Flucht in den „Westen“ hindern sollte – und damit den eigenen Staatshaushalt ruiniert. Da man nach dem „Mauerfall“ im Herbst und Winter 1989/1990 mit diesem Streifen Niemandsland zwischen Landesgrenze und Kolonnenweg nicht viel anzufangen wusste, hat sich dort in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in den traditionell wenig bewirtschafteten Regionen Thüringens und Sachsen-Anhalts eine sehr reichhaltige Flora und Fauna entwickelt. Sie bildet einen eigenartigen Kontrast zu der gleichzeitig oft vernachlässigten Bebauung und Bewirtschaftung durch Menschen. Der Radweg „Grünes Band“, der im Zickzack mal diesseits, mal jenseits entlang der Grenze verläuft, ist kein Radweg im engeren Sinne wie beispielsweise der Donauradweg oder der Altmühlradweg. Er besteht vielmehr aus Stücken bereits vorhandener Radwege wie dem Werratalradweg und lokaler Ausflugsrouten, die auf teilweise abenteuerliche Weise zusammengestückelt sind. Daher ist sowohl die Qualität der Radwegoberfläche als auch die Ausschilderung sehr unterschiedlich und stark abhängig vom Einfluss des örtlichen Fremdenverkehrs und der jeweiligen Wirtschaftskraft. Postkartendeutschland Die Veste Coburg – im 20. Jahrhundert Treffpunkt der Nazis, heute der Rentner Wir begannen unsere Reise in Coburg, fuhren also entgegen der Angaben durch den Reiseführer nach Norden und damit die Karte gewissermaßen „rückwärts“. Das bedeutete zwar eine kürzere Anfahrt (von München aus), aber auch gleich zu Beginn ein Kurbeln durch die Mittelgebirge und wellige Landschaften. Eigentlich sind die Mittelgebirge in Deutschland ein unübersichtliches Gewirr aus Hügelketten unterschiedlicher Erdzeitalter, die im Laufe der Jahrmillionen erodiert sind abhängig von ihrer Gesteinsbeschaffenheit. Diese Unterschiede sind nicht nur am Bewuchs zu erkennen, sondern auch an der Steilheit ihrer Hügelflanken. Und das ist für Radfahrer von besonderer Wichtigkeit… Da der Zeltplatz in Coburg, den es laut Kartenmaterial geben sollte, gar nicht existierte, wichen wir nach Seßlach südwestlich von Coburg aus. Das bedeutete aber auch, dass wir damit einen großen Grenzbogen entlang der bayerisch-thüringischen Grenze ausließen, da wir von Seßlach aus direkt nach Norden fuhren, wo hinter Autenhausen die ehemalige Zonengrenze verlief. Franken, eingequetscht zwischen Bayern (die bayerisch-fränkische Hassliebe ist eine eigene Geschichte), Hessen und Thüringen, war im Norden nie industriell erschlossen worden, was sich durch die Lage im „Zonenrandgebiet“ auch in den Jahren des „Wirtschaftswunders“ kaum geändert hat. Aus touristischer Sicht durchaus begrüßenswert – rollt man doch durch eine zutiefst agrarisch geprägte Region -, hat dies auch zu einer erheblichen Migration in die Städte geführt, so dass die Orte einen gewissen unberührten aber auch entvölkerten Charme haben. Hier scheint die Zeit stehen geblieben. Die ehemalige Zonengrenze, von Westen gesehen. Im Vordergrund der Grenzpfosten, dahinter, auf dem ehemaligen Gebiet der DDR der Zaun, die Sperren und Minenfalder und der Wachtturm. Für Zeitzeugen ist es ist immer noch gespenstisch. Dann aber geht es über die „Zonengrenze“ hinein nach Thüringen. Für Jemanden, der in einem der beiden Deutschlands groß geworden ist, ist der Anblick der Grenze, die 45 Jahre zwei Welten trennte, immer noch unheimlich. Selbst bei sonnigem Wetter und friedlichem Grillenzirpen erwartet man hinter jeder Biegung einen Trupp „Grenzer“, die ohne zu Zögern schießen … Wer in Thüringen als „Wessi“ den grauen DDR-Einheitslook sucht, wird kaum fündig, dazu haben über 25 Jahre Wiedervereinigung beigetragen. Im Gegenteil, mehr als einmal ging es uns, dass wir auf der Karte nachschauen mussten, ob wir uns westlich oder östlich des ehemaligen Grenzverlaufs befanden. Auf beiden Seiten die typischen Fachwerkhäuser und kleinen Weiler, Felder, Wiesen, Wälder, Bäche und Flüsse – Postkartendeutschland. Über die Rhön Waldreiches Thüringen Bei Fladungen beginnen dann die ersten Bergwertung: es geht über die Rhön. Aus welligen Landschaften mit sanften Steigungen werden ernsthafte Erhebungen. Der Radweg führt zwar zunächst durch das kleine Flusstal der Streu, aber das ewige Auf- und Ab geht in die Beine.3 Zum Point Alpha aber hilft auch kein Flusstal mehr, dessen Bäume noch Schatten spenden, jetzt ist Wiegentritt angesagt. Vor allem mit den schwerbepackten Rädern. Point Alpha Der Beobachtungsturm der USA durch den Grenzzaun der DDR gesehen: der Klassenfeind in Rufweite Der Name klingt irgendwie nach „Mondbasis Alpha“, ist aber weitaus ernsthafter: nordwestlich von Geisa befand sich auf der Grenze zur DDR die Beobachtungsstation der US Army, die in dieser Gegend im kalten Krieg rechtzeitig wissen wollte, wann aus dem kalten Krieg ein heißer wird. Das Gelände der US Army befand sich mitten im Grenzstreifen, also auf dem Hoheitsgebiet der DDR und war von dieser entsprechend überwacht und eingezäunt, damit keiner auf die Idee kommen könnte, einen etwaigen Konflikt friedlich zu lösen. An diesem Punkt standen sich NATO und Warschauer Pakt gewissermaßen auf Rufweite gegenüber und misstrauten einander gründlich. Aus heutiger Sicht wirken die im Museum am Point Alpha gezeigten „Aufmarschpläne“ des Warschauer Pakts und der „Flexible Response“ der NATO geradezu erschreckend eindimensional: Wenn „der Russe“ am „Fulda Gap“ mit seinen Divisionen in das Gebiet der BRD rollt, wird er zunächst von der Bundeswehr „aufgehalten“ und dann von „den Amis“ mit atomaren Waffen beschossen – und zwar mitten in Deutschland. Kein Wunder, dass die Vorstellung, Deutschland sei Schauplatz eines dritten Weltkriegs und auch sein erstes Opfer (vor allem mit atomaren Kampfmitteln) in den achtziger Jahren Millionen Menschen in Westdeutschland um- und auf die Straße trieb (Stichwort „Heißer Herbst“). Nachdem Deutsche bereits zwei Weltkriege begonnen (und glücklicherweise auch verloren) hatten, wollte kein Mensch im Westen seine Existenz durch durchgedrehte Sandkastenkrieger wortwörtlich „in Rauch aufgehen“ sehen… Und in Wahrheit hatte der Warschauer Pakt die gleiche Angst, was dazu führte, dass man die Zahlen des jeweiligen „Gegners“ weit überschätzte.4 Werra Nach dieser auch sehr persönlichen Erinnerung an turbulente Zeiten lässt es sich auf der Route Richtung Norden entlang der Ulster und der Werra prächtig entspannen. Vacha Die „Brücke der Enheit“ in Vacha: auf der Brücke, die verbinden sollte, verlief eine Grenze, die Welten trennte. Auf die Werra trafen wir bei Vacha, einer der zahlreichen Kleinstädte, die das Opfer der Teilung wurden, weil sie mitten im Grenzgebiete lagen. Und das Grenzgebiet war groß: ab den siebziger Jahren begann man, bereits 5 km vor der eigentlichen Grenze Ortschaften zu räumen oder zu schleifen, die eventuell „Republikflüchtlingen“ Deckung geboten hätten. Eine dieser Ortschaften war Vacha, dessen Brücke gleichzeitig Grenzbefestigung war. Zwar wurde der Ort nicht geschleift – dazu ist Vacha zu groß – aber er wurde geräumt und an Stelle der Bewohner, die in graue Plattenbauten im Hinterland gebracht wurden, nisteten sich NVA und VoPos ein. Manche Bewohner hatten den Braten frühzeitig gerochen und bereits in den fünfziger Jahren „rübergemacht“ in den Westen. Wer immer noch daran glaubte, dass alles schon nicht so schlimm würde oder gar dass „dr Sozialismüs siescht“, der sah sich bald um seine Heimat betrogen… Bergbau Der „Iron Curtain Trail“ begleitet den touristisch elementar erschlossenen „Werratalradweg“ ein Stück flussabwärts und zeigt Reste der Industrialisierung der DDR: den Kalibergbau und seine Folgen. Kein Schnee – Salzabraum bei Heringen an der Werra Der Dreck der Werra entstammte und entstammt immer noch dem Kalibergbau, der bereits im neunzehnten Jahrhundert begonnen hatte, um die unter Tage liegenden Salzvorkommen nach industriell nutzbaren Kalisalzen zu durchsuchen. Kalisalze treten allerdings nie in Reinform auf, sondern sind mit anderen Salzarten gemischt, da sie die Reste ausgetrockneter Lagunen sind, die im Erdmittelalter entstanden. Da Kalisalze vor allem in der Düngemittelindustrie verwendet werden, aber zu 90% Fremdsalze enthalten, werden die riesigen Flöze abgetragen und der Abraum zu gigantischen Halden getürmt, die ohne weitere Maßnahmen bei Regen in die nahe liegenden Flüsse geschwemmt werden – ein Dreck ohne Ende. Die Werra ist daher immer noch ein sehr dreckiger Fluss mit Salzwerten, die um ein Vielfaches höher liegen als es die europäische Richtlinie fordert. Zu Zeiten der DDR war sie eine schäumende Kloake, die durch eine idyllische Landschaft floss. Eisenach Aber wenn es sich auch nett radeln lässt an der Werra – ein Abstecher muss unbedingt sein: Eisenach und die Wartburg (nicht zu verwechseln mit dem Wartburg aus Eisenach). Die Wartburg von außen. Sie ist zu großen Teilen eine Fiktion, da sie im neunzehnten Jahrhundert im aufkommenden Nationalismus anhand historischer Vorstellungen „grundsaniert“ wurde. Die Wartburg ist vor allem Protestanten bekannt, als am Beginn des sechzehnten Jahrhunderts ein Mönch unter dem Namen „Jörg“ hier einquartiert wurde, der europaweit von Kaiser und Papst als „vogelfrei“ zum Töten freigegeben worden war.5 Der Kurfürst, der diesen Mönch entführte und auf die Wartburg zu seinem Schutz brachte, war Friedrich III. von Sachsen. Und der Mönch war in Wirklichkeit Martin Luther, der auf der Wartburg die Bibel aus dem Lateinischen, das nur Wenige verstanden, ins Deutsche übersetzte und damit einer breiten Bevölkerungsschicht näher brachte. Dass er dabei auch wesentlich zur Vereinheitlichung der deutschen Sprache beitrug und damit den Grundstein legte für die Erfindung einer „deutschen Nation“ war ihm vermutlich nicht bewusst. Der Harz Der Radweg folgt der Werra eine lange Zeit, bis er sie bei Werleshausen verlässt, denn auch die Grenze verlief mal diesseits, mal jenseits des Flusses. Ab Werleshausen geht es dann in nordöstlicher Richtung immer über die Hügel an Duderstadt vorbei Richtung Bad Sachsa (im „Westen“) und Ellrich (im „Osten“). Der Harz ist nicht nur das höchste Mittelgebirge in Deutschland, er hat auch ein fast mythologisches Image: auf dem Brocken (ca. 1100 m) trafen sich laut mittelalterlichem Aberglauben die Hexen. In den dichten Wäldern hausten Geister und Räuber – und später die Abhörspezialisten der DDR. Vor allem aber ist der Harz eine extrem schwer zu bewachende Grenze, da er durch tiefe Furchen und bewaldete Kuppen nicht nur den Tieren sehr viel Deckung bietet. Hier baute auch die deutsche Wehrmacht im zweiten Weltkrieg ihre ungelenken Lenkwaffen in Stollen, für die tausende Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge ihr Leben ließen. Und hier entstand auch eines der ersten Naturschutzgebiete in Deutschland. Der Grenzstreifen im Harz, rechts der „Kolonnenweg“, links am Waldrand die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt An dieser Stelle wich der Radwegführer am deutlichsten von seinen Angaben zur Befahrbarkeit des Radwegs ab: Wir hatten uns schon daran gewöhnt, dass in vielen Ortschaften der östlichen Bundesländer immer noch das „Erich-Mielke-Gedächtnispflaster“ vorherrscht. Aber auf einem „Kolonnenweg“ zu fahren mit bepackten Fahrrädern, ist eine besondere Zumutung und Härteprüfung für Mensch und Material. Der Reiseführer nannte es zwar befahrbar, aber Lochbeton ist nicht befahrbar – weder eben noch bei Steigungen mit 18%, wie sie im Harz häufig sind. Man muss schieben. Dafür aber sieht man mehr, vor allem mehr Tiere (Rehrudel) und eine sehr vielfältige Flora. Vor allem aber sollte man sich ab und zu die Zeit nehmen, stehen zu bleiben und die Stille zu genießen. Davon gibt es nicht mehr viel. Glücklicherweise geht es hinter Elend dann meist auf befestigten Waldwegen bergab – dafür aber so steil, dass man häufiger eine Pause einlegen muss, um die Bremsen abzukühlen. Das platte Land Aber nicht nur die Bremsen kühlten ab, sondern auch das Wetter, denn bereits im Harz hatte es begonnen zu nieseln. Am folgenden Tag aber ging der gelegentliche Niesel dann in gleichmäßiges Schauern über. Ein solches überfiel uns auch angesichts des Zustands, den die nur mangelhaft angelegten Radwege in Sachsen-Anhalt bei Nässe aufweisen: aus steinigen Pisten wurden lehmverschmierte Matschrinnen, die sich mit der schon bekannten Bepflasterung aus ungleichmäßig geformten Steinen abwechselten und das Radfahren auch im nun flachen Gelände zur Tortur machen. Helmstedt Grenzübergangsstelle (GÜSt) Helmstedt. Heute rauschen die Autos einfach vorbei, wo früher die berüchtigten Grenzer standen, die jedes Fahrzeug filzten und den Fahrer drangsalierten. Jedem Westdeutschen fallen bei Helmstedt am Grenzübergang eigene Geschichten ein: zu den Hunden und den langen Schlangen vor allem um Ostern und Weihnachten, wenn man nach Berlin-West wollte oder von dort weg und dazu über die Autobahn kommen musste, zu den penetranten Grenzern, die vermutlich für ein Lächeln nach Bautzen kamen, zu dem genuschelten Sächsisch der Grenzer aus dem „Tal der Ahnungslosen“, für die der Klassenfeind eine ständige Provokation ihrer eigenen ausweglosen Lage war, für das Aufatmen, wenn man Helmstedt in westlicher Richtung verlassen hatte und Freiheit förmlich riechen und schmecken konnte. Heute braust der Verkehr einfach daran vorbei. Geschichte. Wendland Das Land ist nördlich von Oebisfelde so platt, dass jeder Kanaldeckel in der Karte als Steigung verzeichnet ist. Vor allem aber sind hier die Sünden des Kapitalismus zu sehen: Naturzerstörung im industriellen Ausmaß. Windmühlen und Mais: Zukunft und Zerstörung liegen hier nahe beieinander, denn die endlosen Mais-Monokulturen werden zur Gaserzeugung angebaut („Biogas“) und bewirken eine biologische Verarmung. In dieser Gegend wird auf tausenden Hektar Mais angebaut, der abgemäht und vergoren wird, um als „Biogas“ zu enden. Er wird also nicht verfüttert, sondern als schiere Biomasse vernichtet und kommt so weder den Tieren (als Futter) noch den Pflanzen (als Dünger) zugute, sondern bewirkt als Monokultur im Gegenteil einen dramatischen Rückgang der Artenvielfalt. Die Tage wurden stiller, denn ohne Wiesen und Pflanzenvielfalt fehlen die Insekten, die den Vögeln als Nahrung dienen. Hier hat der Mensch als Landwirt versagt und es regiert nur der Subventions-Euro. Rundlinge Das Wendland ist vor allem Westdeutschen ein Begriff, da hier der Widerstand gegen das atomare Endlager in Gorleben seit Jahrzehnten nicht zur Ruhe kommt. Der besinnungslose Ritt auf der Kernkraft als Energiequelle der Zukunft nach dem Krieg fand hier ein jähes Ende, als es darum ging, die radioaktiven Abfälle auch irgendwo zu lagern, bis sie in Tausenden von Jahren ihre Gefährlichkeit eingebüßt haben. Dass dies unbedingt in den ausgedienten Salzstöcken im Wendland sein musste, verbittert die Bevölkerung noch heute, denn selbst nach dem Ausstieg aus der Kernkraft werden die Brennstäbe gelagert werden müssen – nur will sie verständlicherweise niemand haben. Panorama-Aufnahme (180°) des Rundlingsdorfs Schreyahn Das Wendland hat jedoch auch eine ältere Geschichte, von der die Ortsnamen und vor allem die Siedlungsformen künden: das Wendland war im Mittelalter das westlichste Siedlungsgebiet der slawischen Wenden, die ihre Siedlungen kreisförmig um einen baumbestandenen Ortsmittelpunkt ausrichteten. Diese Siedlungen aus etwa 12 bis 16 Hallenhäusern stehen mit ihren Stirnseiten so zueinander, dass nur eine einzige Zufahrt offen bleibt. Die Ställe befinden sich unter dem gleichen Dach jeweils auf der Außenseite des Kreises. Elbe Die Elbe kurz vor Wittenberge. Der heiße Sommer hat auch hier seinen Tribut gefordert. Auch wenn wir allmählich müde waren, blieb noch das letzte Ziel übrig: die Elbüberquerung. Während westdeutsche Flüsse wie der Rhein oder die Donau seit Jahrhunderten für die Schifffahrt verändert wurden, Altarme und Sandbänke zu- und weggebaggert wurden, hat die Elbe noch viel von ihrem natürlich Flusslauf bewahren können. Vielleicht, weil sie zu flach und zu sandig ist, vielleicht, weil die Industrialisierung des Ostens erst zu einem Zeitpunkt Fahrt aufnahm, als die Eisenbahn für den Gütertransport wichtiger war – jedenfalls ist auch auf diesem Abschnitt des Flusses das Radeln ein Erlebnis und ein Genuss (siehe auch Elberadweg und Co.: Kopfstein, Kunst und Cappuccino). Conclusio Der innerdeutsche Radweg entlang der ehemaligen Landesgrenze ist ein Erlebnis besonderer Art: freundliche Menschen auf beiden Seiten des alten „Eisernen Vorhangs“ und Ortschaften, die teilweise immer noch unter der Randlage leiden, die sie über viele Jahre einnahmen. Und eine großartige Landschaft mit oft schlecht ausgeschilderten Radwegen… Aber viel Spielraum für Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen. Noch mehr Bilder gibt es übrigens in den Reisebildern. Der Ausdruck „Eiserner Vorhang“ für die Trennung zwischen „Trizonesien“ (Besatzungszonen der USA, Großbritanniens und Frankreichs) und der „Ostzone“ (sowjetisch besetzten Zone, SBZ) stammt von Winston Churchill, der angesichts der Terrorherrschaft in der UdSSR unter Stalin nach dem Sieg über den Terror des Nazis in Deutschland eine neue Konfliktlinie erkannte. ↩Die englische Benennung „Iron Curtain Trail“ klingt martialischer, kommt den Straßenverhältnissen aber näher. ↩Zunehmend sind ältere Herrschaften auf den eBikes unterwegs, aber das gilt in Radfahrerkreisen eher als unsportlich und weit unter Standesniveau – auch wenn dies den Hügeln den Schrecken nimmt. Geladener Akku vorausgesetzt … ↩Falls das bekannt vorkommen sollte: in der aktuellen Migrationsdebatte verhält es sich ähnlich… ↩Wem das als „Fatwa“ bekannt vorkommt, muss also gar nicht erst bis in den Orient pilgern… ↩Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … Radreise unterwegs DeutschlandRadfahrenRadreise
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