Documents: Im Labyrinth der Datencloud 14.10.201726.01.2019 Aus den Urzeiten der Computer haben sich nur wenige Programme herübergerettet. Dazu zählen auch systemeigene Programme, die einen Blick auf die Dateistruktur der Festplatte und die Dateiverwaltung erlauben. Auf dem Mac ist das der „Finder“, ab Windows 95 der „Windows Explorer“. Aber wer braucht sowas noch in Zeiten der „Cloud“? Menschen legen Lager an, auch Lager ihres Wissens und ihrer Erfahrungen, damit nachfolgende Generationen oder Mitmenschen davon profitieren können. Das können Essensvorräte genauso sein wie Vermögen oder Bücher. Vorratshaltung ist für Menschen ein Überlebensinstinkt. Bis vor wenigen Jahren1 waren die Wissensvorräte ausschließlich physisch erfahrbar in Form von Bibliotheken, Schriftrollenlager und raumgreifenden Bücherregalen.2 Die digitale Datenspeicherung aber war ein Paradigmenwechsel, denn die mit Programmen (Werkzeugen) erstellten Dokumente (Produkte) gibt es nur digital. Sie sind nicht sichtbar wie Bücherregale: Sie werden in Form von „0“ und „1“ gespeichert und „konsumiert“.3 Schon früh kamen die Programmierer daher auf die Idee, diese Haufen aus Bits und Bytes in Form von Piktogrammen darzustellen und in Gruppen zusammengefasst als „Ordner“ (früher in Windows auch „Verzeichnis“ genannt) abzubilden. Dies sollte dem Benutzer wie bei Bücherrücken die Zuordnung und das Auffinden erleichtern – was es auch tat, selbst wenn es anfangs als „Klickibunti“ abgetan wurde. Piktogramme und Illusionen Die Vorstellung, dass man Herr der Daten sei, wenn man nur in der Lage ist, sie als Piktogramme anzeigen und in andere Piktogramme verschieben zu können, hat sich tief in die Vorstellung dessen eingegraben, was wir „Computerkenntnisse“ nennen. Auch wenn die Begriffe „Ordner“ und „Verzeichnisse“ eher aus der Verwaltungswelt stammen, so kann sich doch jeder Computerbenutzer darunter etwas vorstellen. Und dann kam das iPhone. Zu Beginn verfügte das iPhone nicht über ein eigenes Betriebssystem, sondern in Form des „iPhone OS“ über eine abgespeckte Variante des OS X. Mit anderen Worten: ein vollwertiges Betriebssystem, das sogar als UNIX-Derivat für Großrechner gedacht war, wurde so lange zurechtgeschnitten und gekürzt, bis es auf den wesentlich schwachbrüstigeren Prozessoren und Hardwarekomponenten eines Smartphones funktionierte. Dort gelten nämlich andere Prioritäten: weniger Prozessortakt, weniger Schnittstellen, weniger Speicher, weniger Akku, weniger Bildschirm, weniger Hardware – für mehr Mobilität. Reduzieren auf das Wesentliche ist an sich nicht schlecht, im Gegenteil, denn dadurch trennt man sich auch von viel Ballast, der sich als Speckgürtel angesammelt hat, und nicht nur Computer träge und fehleranfälliger macht.4 Bei dieser Aufräumaktion für ein Mobilgeräte-taugliches Betriebssystem mussten viele schmerzliche Schnitte gemacht werden, vor allem bei den Schnittstellen und der Speicherkapazität. Prominentestes Opfer war ein Programm zur Dateiverwaltung. Das „Abklemmen“ der Nutzer von ihrem bislang gewohnten Blick auf Dokumente und Programme (was ja sowieso nur eine Illusion mit Hilfe von Piktogrammen ist) kam für manche einer Kastration gleich, immerhin waren es ja ihre Daten. Zunächst konnte man sich als Nutzer damit vertrösten, dass man die Daten über den Umweg mit iTunes auf dem Rechner durchaus sichtbar machen konnte, aber das ist umständlich und auch nicht nachhaltig, denn ohne ein großes Maß an Selbstdisziplin entsteht zwischen den Daten, die auf dem Rechner sind, und den Daten, die auf dem Mobilgerät liegen, ein „Delta“ (siehe auch Web-Applikationen: Wo lungern bloß meine Daten rum?). Auftritt: die Wolke In der Zwischenzeit machte das eine Internet gewaltige Entwicklung durch. Aus einem Häufchen Rechner, die per Datenleitung miteinander verbunden waren und mehr oder weniger zähneknirschend über Kupferkäbelchen kleine Informationshäppchen austauschten, wurden Rechenzentren mit gewaltigen Kapazitäten, in denen stündlich das gesamte Menschheitswissen des Mittelalters mehrfach umgesetzt wird. Die Anzahl der Geräte, die sich mit diesen Rechenzentren verbinden können und entsprechend leistungsfähige „Datenautobahnen“ benötigen, explodierte in einem unvorhergesehenen Ausmaß.5 Gleichzeitig stieg die Anzahl und die Leistungsfähigkeit der Dienstleistungen, die auf einem solchen Datennetz beruhen: Auf Großrechnern werden die Daten nicht nur abgelegt, sondern auch direkt manipuliert. Bilder, Musik, Texte und Tabellen, Filme und Datenbanken werden miteinander verknüpft und bearbeitet, ohne dass sie auch nur einmal den Speicherplatz des Geräts gesehen haben, das diese Aktionen auslöst. Die Cloud war geboren – und mittlerweile kann keine internationale Softwarefirma mehr darauf verzichten. Dies umso mehr, als die Globalisierung nach Werkzeugen verlangt, die dies bieten müssen. Während aber große Software-Unternehmen wie Microsoft, Google, Apple oder auch Adobe eigene Lösungen anbieten, die speziell auf ihre Programme zugeschnitten sind, gibt es einen großen Bereich der Firmen, die nur Teile des Angebots benötigen. In erster Linie genau das, was die zahlreichen Mobilgeräte nicht gut können und auch nicht können sollen: Datenspeicherung, Datenverteilung und ihre Manipulation. Vor allem sichere Datenspeicherung.6 Ein Vielzahl unterschiedlicher Dienste bewirkt aber gerade auf Mobilgeräten, die häufig auf verschiedene Datenquellen aus unterschiedlichen Quellen zugreifen müssen, auf Dauer ein Wirrwarr an Diensten und Ordnern, bei denen bereits nach kurzer Zeit nicht mehr klar ist, wo die Daten gelegen haben und welche Version wo liegen sollte. Schon auf einem stationären Rechner sind durchschnittliche Angestellte mindestens ein Zehntel ihrer Arbeitszeit mit der Suche nach Informationen beschäftigt – und die Datensuche nimmt davon einen Großteil ein. Documents Aber auch dafür gibt es für iOS eine App: Documents von Readdle. Datenmanipulation per Touchscreen – und noch ein paar Funktionen mehr. Mit Hilfe von Documents lassen sich die zahlreichen Internetspeicherdienste komfortabel zusammenpacken und verwalten: Dateien von einer Cloud in die andere verschieben, Zip-Daten entpacken und Daten zu Ordner zusammenfassen, PDF-Dateien direkt bearbeiten (siehe auch PDF oder das Gesetz der Massenträgheit) – und sogar Musik aus der Musikbibliothek anhören. Documents übernimmt zwei Aufgaben der Dateiverwaltung: Die App verknüpft unterschiedliche Internetspeicher-Dienste und bündelt damit den Zugriff auf alle Ordner, um zwischen den „Wolken“ Daten auszutauschen, lokal zu laden und an die zuständigen Apps (beispielsweise Microsoft Office) auf dem Gerät weiterzuleiten. Die App nutzt den Speicherplatz des Geräts, um einen eigenen Ordner anzulegen, in dem die Daten manipuliert werden können (entpacken, PDFs kommentieren und zusammenfügen). Die Dropbox bietet zusätzlich die Möglichkeit der Versionsablage. Auch auf die älteren Stände einer Datei kann man mit Documents zugreifen. Nette Features für Datenschubser Wer möchte, kann auch seinen Computer immer noch per Kabel anschließen und die Daten direkt verschieben. Eleganter ist es allerdings über den eingebauten Webserver: man gibt im Browser des stationären Rechners eine temporäre IP-Adresse ein, die von der App gestellt wird, und erhält sofort Zugriff auf den Dokumentenspeicher von Documents. Weitere Geräte, auf denen auch Documents installiert ist, werden übrigens unter „Nearby“ angezeigt. Dadurch kann man wie auf einen angeschlossenen Rechner auch auf den Dokumentenordner des anderen Mobilgeräts zugreifen. Fazit Documents funktioniert drahtlos und problemlos mit den meisten kommerziellen und privaten Datenspeichern (WebDAV, FTP, SFTP, Sharepoint, Windows SMB,…). Und das auch noch werbefrei und kostenlos. Es geht kaum besser. Außer natürlich, man hat viel Zeit – aber die nutzt man besser zum Lesen eines guten Buchs. Vor dem Hintergrund der Menschheitsgeschichte sind auch 50 Jahre kaum wahrnehmbar. ↩Büchersammlungen galten nicht zu unrecht als der Schatz des Bildungsbürgers: Wer so viele Bücher besaß und die Muße, sie auch zu lesen, durfte sich zur gesellschaftlichen Elite zählen. Auch deswegen lassen sich „Experten“ oft vor Bücherregalen ablichten. ↩Natürlich können sie sichtbar gemacht werden – aber nur durch einen Medienwechsel: indem man sie druckt. Vielleicht ist der Reflex mancher Computernutzer, E‑Mails zu drucken, auch damit zu erklären, dass sie ohne die haptische Erfahrung des Papiers oder Kunststoffs die Information nicht „sehen“ können. ↩Ein Problem, das der Software-Gigant der 90er erst wieder schmerzlich erfahren muss: Microsoft zieht sich aus dem Markt für Smartphone-Betriebssysteme zurück. Kein Windows-Phone. Schade. ↩Unvorhergesehen vor allem in Deutschland, dass sich als eines der wenigen hochindustrialisierten Länder immer noch glaubt, ein vorsintflutliches Informationsnetz leisten zu können. ↩Datensicherheit besteht ja aus zwei Komponenten: die Sicherheit vor Datenverlust und die Sicherheit vor unberechtigtem Zugriff. Beides ist für Unternehmen, die Cloud-Dienste anbieten – und dazu gehören ja auch Banken und Versicherungen, deren Daten für ihre Kunden genauso global verfügbar sein müssen – überlebenswichtig. Allgemein lässt sich sagen, dass diejenigen Anbieter, die sich auf dem Markt behauptet haben, in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben. Alle kommerziellen Dienste bieten mittlerweile ein Standardrepertoire an Datensicherheit an, mit dem man beruhigt arbeiten kann. ↩Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … appseits tools AppleCloudComputerInternetiOSMicrosoftWindows
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