PDF Expert: Der Hürdenläufer 10.11.201822.04.2019 Es gibt Software, da fragt man sich, ob die Programmierer nur dafür bezahlt werden, alte Funktionen mit neuen Icons zu versehen und dann auf den Bildschirm zu klatschen. Oder ob es sich um das Abfallprodukt eines unmotivierten Entwicklers im ersten Ausbildungsabschnitt handelt. © Readdle Inc. Es gibt Software, da sieht außer dem Programmierer kein Anwender den Nutzen der Arbeit, geschweige denn, dass man jemals herausfinden wird, warum die Entwickler soviel Zeit in das Produkt gesteckt haben.1 Und es gibt Software, bei der man sich fragt, warum nicht schon längst jemand drauf gekommen ist. Software, die verrät, dass sich Menschen wirklich die Mühe gemacht haben, ein Problem ganz neu anzugehen und es elegant zu lösen. PDF Expert von Readdle ist so ein Programm. Und das Problem hat einen Namen: PDF, „Portable Document Format“, von machen früher auch „Printable Document Format“ genannt, da es ein Problem löste, mit dem sich heute keiner mehr herumschlagen muss: druckbare Dokumente mit einem handelsüblichen Computer zu erzeugen. Das Problem „Wieso Problem? PDF gibts doch überall im Internet – und drucken kann ich es auch. Ganz im Gegensatz zu den doofen HTML-Seiten!“ – Genau dafür ist PDF da: drucken. Das Drucken ist im Zeitalter der Netzwerke und des plattformunabhängigen Informationsaustauschs aber fast ein Anachronismus, denn sobald eine Information „gedruckt“ ist – ob physisch oder virtuell – ist sie „abgenabelt“, sie kann nicht mehr aktualisiert werden und stirbt. Sobald die Information geändert wird, muss ein neues PDF-Dokument erstellt werden, denn das alte bekommt davon nichts mit, ist aber vielleicht noch draußen bei den Lesern unterwegs. Zwar lassen sich PDF schneller verteilen als physisch gedruckte Dokumente – aber auch sie sind Geschichte, sobald sie erzeugt wurden. Für den Leser hat das Folgen, denn er weiß nie, ob er auch die aktuelle Version hat, ob sein PDF-Dokument vielleicht schon die vorletzte Ausgabe ist und die Informationen darin sich möglicherweise schon geändert haben. In der Belletristik ist es egal, in wissenschaftlicher Literatur ist das „nur“ ärgerlich, aber in der technischen Literatur kann das böse Folgen haben. In der technischen Redaktion besitzt PDF aber noch einen Stellenwert: Korrekturläufe sind ohne PDF fast nicht effizient zu verwalten. Der große Vorteil der PDF im Gegensatz zu nativen Formaten wie DOCX liegt in ihrer Interaktionsfähigkeit: ohne das ursprüngliche Layout zu „zerschießen“ können Kommentare, Texte und Handskizzen eingefügt (besser eigentlich: „darüber gelegt“) werden, die die Information aufwerten. Statt also nur als druckerunabhängiges Dateiformat das Dasein zu fristen, sind PDF-Dokumente im Redaktionsprozess ein wichtiger Kommunikationskanal. Darüber kommuniziert der Redakteur mit dem SME, seinem Beta-Tester. Die Hürde ist allerdings, dass dies ein eigenes Programm erforderlich macht, mit dessen Umgang viele SMEs und auch Technikredakteure Schwierigkeiten haben. Nicht grundlos, denn in der kostenlosen Fassung „Acrobat Reader“ ist das Programm nur eingeschränkt nutzbar und in der kostenpflichtigen Fassung mit Document Cloud und allen Schikanen nicht nur teuer, sondern auch umständlich zu benutzen und extrem schwerfällig. Viele SMEs haben daher die Angewohnheit, die PDF zu drucken, ihre Kommentare handschriftlich einzutragen und das Papier dann wieder einzuspannen und zurück zu schicken… Der Horror für den Technikredakteur. Das Programm PDF Expert auf dem Mac: Übersichtlich und schnell Eine andere Herangehensweise verfolgt Readdle mit dem PDF Expert. Da das PDF-Dateiformat grundsätzlich frei verfügbar ist, hatte sich bereits Apple vor zehn Jahren aus den Spezifikationen bedient und sein Betriebssystem macOS (vormals „OS X“ in Anlehnung an die Herkunft aus der Unix-Systemfamilie) mit PDF als wesentlichem Darstellungselement ausgerüstet.2 Daher verfügt bereits das systemeigene Programm „Vorschau“ („Preview“) über zahlreiche Funktionen, mit denen sich PDF-Dokumente bearbeiten lassen. Für den Einsteiger sind diese Funktionen auch durchaus ausreichend – wer mehr will, muss Geld in die Hand nehmen. Und sich damit auch die Frage stellen, welche Funktionen er benötigt und wieviel er dafür zu investieren bereit ist. Interoperabilität Eine für den Technikredakteur wichtige Frage ist die nach der Interoperabilität: auf welchen Systemen und damit Programmen können die an eine PDF angehängten Informationen angezeigt und bearbeitet werden? Ist es möglich, die PDF eines Handbuchs mit einem Redaktionssystem (Windows) zu erstellen, auf dem Mac zu öffnen und dem iPad zu synchronisieren, ohne dass dabei Informationen verloren gehen? Kann man – im konkreten Anwendungsfall – sich das Handbuch als PDF mitnehmen auf die Fahrt zum Kunden, unterwegs auf dem iPad bearbeiten, vor Ort kommentieren und nach der Rückkehr mit dem Quelldokument abgleichen – ohne dafür die IT-Abteilung in den Wahnsinn treiben zu müssen? Das kann man mit PDF Expert – sofern man die App auf seinem Rechner und auf dem iOS-Gerät installiert hat. Falls nicht, geht das natürlich auch, denn alle Anmerkungen, Hervorhebungen und Ergänzungen bleiben in der PDF erhalten als Kommentare. Das gehört zur PDF-Spezifikation. In der Erweiterung (kostenpflichtig) lassen sich dann auch Inhalte anpassen (z.B. schwärzen), Hyperlinks und Bilder rudimentär bearbeiten oder austauschen. Das angepasste PDF-Dokument kann danach entweder als „platte“ PDF exportiert werden, bei der alle Kommentare in das Dokument „eingebacken“ werden, oder eben als „normale“ PDF mit intakten Kommentaren.3 „Handoff“ Ein Feature, das die Betriebssysteme iOS und macOS seit mehreren Jahren besitzen, ist das so genannte „Handoff“: ein Programm, das beispielsweise auf einem iPhone im Vordergrund ist, kann seinen Inhalt direkt auf die anderen Geräte mit iOS oder macOS „spiegeln“, auf denen das gleiche Programm installiert ist – sofern sich beide Geräte den gleichen iCloud-Account teilen. Hat man eine Internetseite oder ein Dokument mit einem iPhone geöffnet, kann man die Seite auf dem iPad oder dem Mac öffnen. Diese Funktion klappt auch mit PDF Expert, sofern die App auf den Geräten installiert ist. Eine geöffnete PDF auf dem Mac mit PDF Expert im Vordergrund wird sofort auf dem iPad (oder iPhone) angezeigt. Antippen, das Dokument wird auf das iOS-Gerät kopiert und kann dort weiterbearbeitet werden. Readdle-Transfer Es geht aber besser, denn einmal bearbeitet auf dem zweiten Gerät kann es nicht automatisch mit der Quelle synchronisiert werden. Und hier merkt man, dass das Team bei Readdle weitergedacht hat: der Readdle-Transfer. Statt über die iCloud oder einen anderen Cloud-Dienst können die Dokumente direkt per kurzfristig aufgebautem („Ad-hoc“) WLAN übertragen werden. Readdle-Transfer in PDF Expert auf dem iPad: auswählen, laden, öffnen, bearbeiten, schließen und automatisch zurückspeichern. Ohne Kopfstände. Arbeiten mit iOS Gleich vorweg: mit PDF Expert auf dem iPad Pro mit Apple Pencil ist die Bearbeitung von PDFs ein Kinderspiel.4 Die PDF per Transfer auf dem iPad öffnen, mit Stift bearbeiten und automatisch synchronisieren. (Der Titel der PDF zeigt, wo das Dokument wirklich liegt.) Im Unterschied zu einem Smartphone, das im Wesentlichen der Kommunikation dient, besitzen Tablets wie das iPad einen Vorteil im Konsum von Inhalten und der physischen Nähe zur Tafel (siehe Kritzeln auf Tafeln, Teil 1). Gerade bei PDF-Dokumenten, die ja aus der seitenorientierten (und damit layoutlastigen) Darstellung der Information ihre Daseinsberechtigung ziehen, spielen Geräte wie das iPad in einer ganz anderen Usability-Liga. Sie sind gerade beim Konsum und der Bearbeitung von PDF-Dokumenten sogar noch besser geeignet als Laptops oder stationäre Rechner, bei denen ein physischer Abstand zwischen Hand und Dokument besteht. Auf dem Tablet hat man das PDF-Dokument wortwörtlich „in der Hand“. Warum also nicht dafür nutzen? Mit einer App wie PDF Expert macht es sogar richtig Spaß – vor allem wenn man dazu einen Stift benutzt, der die Arbeit flüssig von der Hand gehen lässt. Und das Bewusstsein, dass man die „Malereien“ und Hervorhebungen nicht später mühsam in das Original auf dem Rechner übertragen muss, sondern einfach synchronisiert, nimmt der PDF als Hürde im Redaktionslauf den Schrecken. Statt sich also mit einem aufwendigen (und teilweise instabilen) Programm herumzuquälen, sollte sich der effizienzorientierte Nutzer von PDF-Dokumenten das Leben lieber leichter machen. Zum Beispiel mit PDF Expert… Bildquelle: Wikipedia, Olympische Spiele 2012, London Vielleicht ist es auch nur Rache an der Marketingabteilung, die sich nun damit herumplagen muss, ein Produkt unters Volk zu bringen, von dem niemand wirklich überzeugt ist. ↩Diese Herkunft merkt man noch daran, dass sich jedes Dokument auch als PDF ausgeben lässt, ohne dass dazu eine spezielle Software (Plugin oder Treiber) installiert werden muss. ↩Die erstgenannte Funktion ist eher für Rechtsabteilungen interessant, da die Textschwärzungen sonst nachträglich entfernt werden können. ↩Mit dem iPhone weniger, was aber mehr an PDF liegt, denn hier kommt das Problem der PDF zum Tragen: die Seitenorientierung ist auf dem iPhone völlig fehl am Platz. ↩Teilen mit:MastodonWhatsAppE‑MailBlueskyMehrDruckenLinkedInTelegramPinterestGefällt mir:Gefällt mir Wird geladen … appseits software dokumentationPDF
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